Samtweiche Verletzbarkeit
Samt als Stoff war für Marco Spitzar immer der Inbegriff von empfindlich, verletzlich – egal aus welchem Material die Flecken waren, sie wirkten dramatischer als auf jedem anderen Gewebe. Samt hat aber vor allem Gewicht, eine Schwere, etwas Königliches, die Vorhänge dicht und unhandlich zu bewegen, die Polster barocker, kaiserlicher Sesseln ließen tief sinken.
Samt ist das Symbol einer anderen Zeit, wo noch nicht die Möglichkeiten der Pflege im Vordergrund standen und so ist es nicht verwunderlich, wenn man sich gerade diese Verletzlichkeit als Attacke auswählt. Nichts ist schöner als den Mut zu haben, einen so noblen Maluntergrund mit dem ersten Pinselstrich tiefgreifend zu beeinflussen und zu verändern, dass nichts anderes mehr machbar ist, als ein wundervoll wertvolles Bild. Niederlagen aufgrund mangelndem Selbstbewusstsein sind nicht akzeptabel. Der Samt ruft facettenreiche Kristallisationen bei der Berührung mit dem Klebstoff hervor. Lange versickert er und läßt nur noch Zuckerkrümel ähnliche Rückstände an der Oberfläche zurück und nach dem wiederholten Kleberauftrag verändert sich die Konsistenz zu honigähnlichem Schleim.
Auf Samt darf selbst der Pinsel nur hauchzart drüber streicheln und schafft dadurch eine ganz besonders konzentrierte Atmosphäre. Marco Spitzar mag es, wenn er sich wie ein Hofmaler alter Königshäuser vorkommen darf, es versetzt in eine andere Zeit, in andere Interieurs und in andere Situationen, die erzählt werden können.